Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Schulterschluss gegen Range

Beitrag vom 21.02.2008

Acht Kommunen sehen in ihrer Klage eine große Chance

„Wir sehen jetzt die ganz große Chance, aber auch die letzte Chance, einen Prozess zu gewinnen", meinte Nordhorns Bürgermeister Meinhard Hüsemann mit Blick auf die Erfolgsaussichten, die das neue Rechtsgutachten gegen den Luft-Bodenschießplatz Nordhorn-Range eröffnet. Und Landrat Friedrich Kethorn ergänzte: „Wir gehen jetzt mit kompetenter Unterstützung den Weg der juristischen Auseinandersetzung, und das im Schulterschluss der Region."

Von Thomas Kriegisch - Nordhorn. „Mehr als fünf Jahrzehnte Sonderopfer der Menschen in der Region sind genug. Wir können und wollen die Belastungen durch den Betrieb von Nordhorn-Range nicht mehr hinnehmen", fasste Kethorn die allgemeine Stimmung zusammen. Den engen Schulterschluss demonstrierten gestern bei der Vorstellung des neuen Rechtsgutachtens in der Kreisverwaltung denn auch die Vertreter der acht Kommunen aus der Grafschaft und dem Emsland, die sich einstimmig zur gemeinsamen Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland zusammengeschlossen haben.

Mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim und Nordhorn sitzen nun auch die Gemeinde Wietmarschen, die Samtgemeinde Schüttorf sowie der Landkreis Emsland, die Stadt Lingen und die Gemeinden Emsbüren und Geeste in einem Boot, um mit juristischen Waffen vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück die Schließung des Bombenabwurfplatzes durchzusetzen. „Die Geschlossenheit der Kommunen vor Ort wird das Gewicht der Klage erhöhen", machte Kethorn Mut. „Am Geld wird sie auf keinen Fall scheitern", sagte er zur Bereitschaft der Kläger, gleichermaßen auch die Kosten zu tragen.

Nachdem 1998 die Klage von Anwohnern gegen die Range gescheitert war, ruhen nun alle Hoffnungen auf dem Rechtsgutachten des Juristen Dr. Michael Ronellenfitsch von der Universität Tübingen. Und der angesehene Rechtsgelehrte wird gleich ein ganzes Klagepaket vor Gericht auffahren. Innerhalb der nächsten zwei Wochen will Ronellenfitsch die Klage vorbereiten und auf den Weg nach Osnabrück bringen. Ein langer Atmen wird aber in jedem Fall erforderlich sein: Bis zur Verhandlung wird es drei bis sechs Jahre dauern.

Wie Ronellenfitsch im Gespräch mit den GN erklärte, wird seine Klage aus einer Leistungsklage, einer Anfechtungsklage und einer vorbeugenden Unterlassungsklage bestehen. Mit der Leistungsklage verfolgt der Jurist die Schließung der Range. Gleichsam wird die Bundeswehr zur aktiven Suche nach einem Alternativstandort aufgefordert. Als Begründung dient hier unter anderem die über Jahrzehnte andauernde Belastung der Region durch die Range. Die Bürger hätten über Jahrzehnte hinweg die Last für die Allgemeinheit getragen.

Die Anfechtungsklage richtet sich gegen die Umwidmung der Range, die 2001 aus der Hoheit der britischen Luftwaffe auf die Bundeswehr überging, ohne dass es zu einer erforderlichen formellen Bekanntmachung gekommen wäre. Hier liegt aus Sicht des Rechtsprofessors ein Verfahrensfehler vor, denn die Umwidmung des Schießlatzes sei eine „öffentliche Sache" und hätte in einem Anhörungsverfahren den betroffenen Kommunen vorgelegt werden müssen. Da die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hätte, müsste sie für einen sofortigen Stopp des Übungsbetriebes sorgen.

Die vorbeugende Unterlassungsklage wiederum richtet sich gegen eine mögliche Erweiterung des Flugbetriebes auf der Range als Auswirkung des Wittstock-Urteils. Dadurch, dass das „Bombodrom" im brandenburgischen Wittstock nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Potsdam nicht in Betrieb genommen wird, würden sich die Lasten für Nordhorn-Range und den Übungsplatz Siegenburg massiv erhöhen, befürchtet Ronellenfitsch. Denn in der gerichtlichen Auseinandersetzung um das „Bombodrom" war es im vergangenen Sommer auch ein Argument, dass es bereits Bombenabwurfplätze in Nordhorn und im bayerischen Siegenburg gibt, und das „Bombodrom" in Brandenburg daher nicht notwendig sei. Somit sollen die Anlieger-Kommunen der Range nun vorbeugend an dem Berufungsverfahren der Bundeswehr gegen das Urteil in Form einer Beiladung beteiligt werden. Ronellenfitsch: „Die Region hier ist auch betroffen."

Auch der Bürgermeister des bayerischen Siegenburgs, Franz Kiermaier (CSU), war gestern zur Vorstellung des Gutachtens nach Nordhorn gekommen. In seiner Gemeinde existiert der Bombenabwurfplatz bereits seit 70 Jahren. Der Unterschied zur Range ist jedoch, dass der Abwurfplatz Siegenburg der U.S. Air Force gehört, die Bundeswehr ihn aber nutzt. Zu den kuriosen Folgen dieser Regelung gehört etwa, dass die deutsche Feiertagsregelung für den Übungsbetrieb keine Rolle spielt.

In den Planungen der Luftwaffe und des Verteidigungsministeriums spielen Nordhorn und Siegenburg indes weiterhin eine wichtige Rolle. Die Plätze würden zur Ausbildung und zum Training der Piloten benötigt, heißt es dort. „Wir werden neben dem juristischen Vorgehen aber auch auf der politischen Ebene dran bleiben", kündigte Kethorn an. So wolle man sich bei Verteidigungsminister Franz Josef Jung bei seinem geplanten Range-Besuch in diesem Jahr für eine Reduzierung der Range-Übungsflüge einsetzen.