Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Das Vermächtnis der Kriegstoten heißt "Nie wieder"

Beitrag vom 10.05.2010

Deutsche und Niederländer erinnerten am 8. Mai an das Kriegsende und die Befreiung vor 65 Jahren

tk Nordhorn. Zum 65. Male hat sich am Sonnabend das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung Deutschlands vom Faschismus gejährt. Nach wie vor heißt das Vermächtnis der 55 Millionen Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Völkermord: „Nie wieder!“ Das machten am 8. Mai bei der traditionellen Gedenkveranstaltung der Stadt und des deutsch-niederländischen Antifaschismus-Komitees „Nooit meer/Nie wieder“ im Schwarzen Garten Redner in ihren Worten des Gedenkens deutlich.

Als einen zuvor „nie da gewesenen Zivilisationsbruch“ verurteilte Bürgermeister Meinhard Hüsemann den von Deutschland aus entfachten Weltenbrand, der mit dem Krieg und dem Holocaust unvorstellbares Leid über die Menschen und immense Verwüstung gebracht hat. 65 Jahre später könne man sagen, dass den Deutschen mithilfe der ehemaligen Kriegsgegner der Wiederaufbau und eine politische Neuorientierung gelungen sei en und das Land wieder Ansehen in der Welt genieße.

Die Teilnahme von Bürgermeister Roel Cazimier, dem Ratsvorsitzenden und den Wethoudern aus der niederländischen Nachbargemeinde Dinkelland an der Gedenkfeier zeigt aus Sicht Hüsemanns, welcher Wandel sich in den vergangenen Jahren vollzogen habe: „Wir sind längst Partner, ja Freunde der einstigen Feinde geworden – auch und gerade weil wir unsere Verantwortung vor der Geschichte ernst genommen haben“, stellte Hüsemann fest und folgerte: „Dafür brauchen wir weiterhin den 8. Mai als Gedenktag, wir brauchen ihn, um an das ,Nie wieder’ zu erinnern, um daran zu erinnern, dass die einstigen Gegner uns die Hand gereicht haben und wir die Chance nutzen konnten, gemeinsam die Zukunft im Bündnis mit anderen europäischen Staaten zu sehen. Die europäische Perspektive bestimme heute das Handeln „bei uns und in anderen Ländern, trotz aller Krisen, die solche Partnerschaften mit sich bringen“. Die Europäische Partnerschaft führe auf den Weg zu einem vereinten, freiheitlichen Europa, und sichere die demokratische Zukunft. Voraussetzung dafür sei aber, sich für Frieden, Menschenrechte und ein würdiges Leben für alle einzusetzen. Deshalb gelte es, immer wieder aufzustehen gegen Rassismus und Antisemitismus, gegen totalitäre Ideologien und Kriegstreiberei: „Der Blick zurück auf den 8. Mai 1945, er sagt uns, wie zerstörerisch Kriege sind, aber auch, wie wertvoll Frieden, Freiheit und Demokratie sind. Der Blick zurück auf die Nachkriegsjahrzehnte, er gibt uns Hoffnung, weil Aussöhnung und Verständigung doch gelangen. Und er gibt uns den Antrieb, auf diesem Weg weiterzugehen.“

Bürgermeister Cazimier rief Deutsche und Niederländer zu Respekt und Toleranz gegenüber dem Anderen und dem Andersdenkenden auf. Diese Verpflichtung gehe vom 8. Mai für die Bürger beider Länder aus. Dass sein Amtskollege Hüsemann am 4. Mai am niederländischen Gedenken teilnahm und er selbst nun vier Tage später nach Nordhorn eingeladen wurde, erfülle ihn mit „Dank und Stolz“, sagte Cazimier.

„Ist heute wirklich Frieden?“ Dieser Frage ging Dr. Karl-Wilhelm ter Horst, Pastor der evangelisch-reformierten Gemeinde Schüttorf, in seiner Gedenkrede nach. 65 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und dem mahnenden „Nie wieder“ spreche man in Deutschland schon wieder von Helden, werde auf dem Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range der Kriegseinsatz in Afghanistan geübt, ein Waffenexport im großen Stil betrieben und der innere soziale Frieden im Land aufs Spiel gesetzt. „Wir gedenken der Toten – und sind schon wieder mitten im Krieg“, kritisierte ter Horst: „Wir können kein ,Nie wieder’ fordern, wenn wir schon wieder weltweit auf Platz 3 der Rüstungsexporte stehen.“ Die große Chance, das Land nach der Wende und mit der Wiedervereinigung zu einer entmilitarisierten Zone zu machen, sei vertan worden.

Hart ins Gericht ging Pastor ter Horst auch mit den globalen Spekulanten, die den Euro ins Visier genommen haben und damit die Welt nicht friedlicher machten: „Die Spekulanten gefährden den Frieden in unserem Land“ – und gehören aus Sicht des Geistlichen ins Gefängnis. „Die wirklichen Terroristen sind die Spekulanten in Nadelstreifen, die darauf wetten, dass der Euro in die Knie geht.“

Unverständnis zeigt ter Horst jedoch auch gegenüber dem Sparwillen Griechenlands, das zwischen 1974 und heute allein 120 Milliarden Euro für seine Armee ausgegeben und doppelt so viele Panzer wie die Bundeswehr habe. „Ein Staat, der Schulden hat, muss abrüsten“, forderte ter Horst. Er rief dazu auf: „Wenn wir Friedensstifter sein wollen, dann dürfen wir angesichts der Probleme im eigenen Land, der Rüstungsexporte, der weiteren Militarisierung und der Gefährdung des inneren Friedens nicht schweigen.“

Lou Bakker-Weckenborck vom veranstaltenden Komitee „Noit meer/Nie wieder“ forderte von den Politikern, „auf Friedenspolitik zu bestehen und das Militär nicht zur Normalität werden zu lassen“. Konflikte müssten mit friedlichen Mitteln gelöst werden: „Nicht mit Krieg und Gewalt.“