Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Bund scheitert vor Gericht

Beitrag vom 28.03.2009

Nach Bombodrom-Urteil vorerst keine Entlastung für Nordhorn Von Bernhard Meyer - Berlin / Nordhorn. Auch nach diesem Urteil darf das Gelände in Wittstock nicht in der vom Verteidigungsministerium geplanten Weise militärisch genutzt werden. Das Ministerium hatte vorgesehen, das so genannte „Bombodrom“ in der Kyritz-Ruppiner Heide als Luft -/Boden-Schießplatz für rund 1700 Einsätze pro Jahr zu nutzen.

Nach Auffassung des 2. Senats des OVG Berlin-Brandenburg, der am Donnerstag und gestern unter Leitung des Vorsitzenden Richters Jürgen Kipp, der auch Präsident des OVG ist, über die vom Verteidigungsministerium eingelegten Berufungen verhandelte, liegt der Verwaltungsentscheidung des Ministeriums aus dem Sommer 2003 zur künftigen militärischen Nutzung des Geländes bei Wittstock nicht die erforderliche planerische Gesamtabwägung zugrunde.

Gegen die vorgesehene militärische Nutzung des ehemaligen Truppenübungsplatzes der sowjetischen Armee, der rund 100 Kilometer nordwestlich von Berlin im nördlichen Brandenburg liegt, hatten – neben anderen – ein in der Nachbarschaft des Truppenübungsplatzes ansässiger Hotelbetrieb, ein Putenzuchtunternehmen sowie die im Süden des Landes Mecklenburg- Vorpommern gelegene Gemeinde Lärz geklagt. Mit seinen Urteilen aus dem Juli 2007 hob das Verwaltungsgericht Potsdam die Verwaltungsentscheidung des BMVg wegen erheblicher Abwägungsfehler auf.

Eine planerische Gesamtabwägung, wie sie nach Auffassung des OVG für die getroffene Verwaltungsentscheidung hätte vorgenommen werden müssen, hätte vorausgesetzt, dass sämtliche öffentlichen und privaten Belange – und dazu zählen auch die Belange der Kläger – in einem geeigneten Verfahren ermittelt und gegeneinander sowie untereinander abgewogen worden wären. Das erläuterte der Vorsitzende Richter, Jürgen Kipp, in der mündlichen Urteilsbegründung. Dies sei jedoch, da das Verteidigungsministerium mit der Berufung auf das so genannte Landbeschaffungsgesetz eine andere Weichenstellung getroffen habe, in keiner Phase des gesamten Verfahrens geschehen. Das stellt nach Aussage des Vorsitzenden Richters einen erheblichen Mangel dar, der nach seiner Ansicht auch nachträglich „nicht mehr zu heilen“ ist.

Weiter führte der OVG- Präsident in seiner mündlichen Urteilsbegründung aus, dass – selbst wenn man die von der Beklagten (dem Ministerium) vorgenommenen Einzelabwägungen einer Überprüfung der Entscheidung zugrunde lege – die Verwaltungsentscheidung aus dem Jahr 2003 an Abwägungsfehlern leide. Insbesondere fehle es an einer ausreichenden Bearbeitung der Lärmproblematik.

Am ersten Verhandlungstag hatten die Anwälte der Kläger die von der Bundeswehr vorgelegten Lärmgutachten angezweifelt. In der Urteilsbegründung wies der Vorsitzende Richter die Vertreter des Ministeriums darauf hin, dass in den Gutachten die zu erwartenden Spitzenschallpegel und der während eines Übungsbetriebs zu erwartende Anstieg der Schallpegel nicht berücksichtigt worden seien.

In allen drei Fällen ließ der 2. Senat Revision gegen seine Entscheidungen beim Bundesverwaltungsgericht zu.

Noch während der Sitzung des 2. Senats ließ der brandenburgische Ministerpräsident, Matthias Platzeck, eine Presseinformation an die der Urteilsbegründung folgenden Journalisten verteilen, in der er das Bundesverteidigungsministerium auffordert, die Pläne für einen Luft-/Boden-Schießplatz bei Wittstock aufzugeben. „Nach jahrelangen Verfahren mit unzähligen Niederlagen fordere ich, dass das Verteidigungsministerium auf neue juristische Auseinandersetzungen verzichtet und den Rückzug antritt“, heißt es in der Mitteilung des Ministerpräsidenten. Weitere jahrelange Ungewissheit sei den Menschen in der Region nicht zuzumuten.