Beitrag vom 14.08.2008
Verteidigungsminister Jung sagt Prüfung zu – Kethorn: Wittstock und Range gleich behandeln
Von Thomas Kriegisch - Nordhorn. Auf persönliche Einladung von Landrat Friedrich Kethorn hatte Verteidigungsminister Jung im Rahmen seiner Sommerreise 2008 den Luftwaffenstandort Nordhorn-Range erstmals besucht. Dabei nahm er sich viel Zeit für Gespräche mit den Soldaten des Schießplatzkommandos Nordhorn-Range und verschaffte sich bei einem Hubschrauber-Rundflug über das 2200 Hektar große Übungsgelände, das seit 60 Jahren den Kampfjets aller alliierten Partner als Übungsplatz dient, einen eigenen Überblick über die Nutzungsmöglichkeiten des Platzes und die Bedingungen der lärmgeplagten Anliegergemeinden.
In einem rund einstündigen Gespräch mit Spitzenvertretern der betroffenen Landkreise Grafschaft Bentheim und Emsland, der Gemeinden Nordhorn, Schüttorf, Wietmarschen, Lingen, Geeste und Emsbüren sowie Sprechern der Bürgerinitiative Notgemeinschaft Nordhorn-Range machte Jung jedoch unmissverständlich klar, dass die Range für das Einsatzkonzept der Bundeswehr als Übungsareal unverzichtbar sei und die Anlieger nur über eine gerechte Verteilung der Übungsflüge auf alle drei Schießplätze Nordhorn, Siegenburg (Bayern) und Wittstock (Brandenburg) konkret entlastet werden könnten.
Landrat Kethorn hatte in dem nichtöffentlichen Gespräch, an dem auch die für die Grafschaft und das Emsland zuständigen Bundestagsabgeordneten Dieter Steinecke (SPD) und Dr. Hermann Kues (CDU) sowie die beiden Grafschafter Landtagsabgeordneten Reinhold Hilbers (CDU) und Gerd Will (SPD) teilnahmen, als langfristiges Ziel die endgültige Schließung und die Aufgabe des Luft-Boden-Schießplatzes Nordhorn-Range gefordert. „Diese relativ kleine und überschaubare Region und die hier lebenden Menschen haben mit den sich aus dem Übungsbetrieb massiv ergebenen Lasten ein Sonderopfer erbracht, um den Verteidigungsauftrag zu erfüllen. Diese Last ist anderen erspart geblieben“, begründete Kethorn die Forderung nach einer Schließung, für die es über alle Partei-, Gemeinde- und Kreisgrenzen hinweg einen breiten Konsens gebe.
Da die Schließung allerdings kurz- oder mittelfristig nicht zu machen sei, setze man nun erst einmal große Hoffnung und Erwartung auf die Wiederinbetriebnahme des Schießplatzes Wittstock in der Kyritz-Ruppiner Heide. Sollte die Bundeswehr mit ihrer zugelassenen Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Potsdam, das im vergangenen Jahr eine militärische Nutzung des „Bombodroms“ untersagte, Erfolg haben, erwarte man vom Bundesverteidigungsministerium eine zügige Inbetriebnahme des Schießplatzes in Brandenburg. Es dürfe nicht bei einem bloßen Bekenntnis der Bundeswehr bleiben, forderte Kethorn: „Das Bundesverteidigungsministerium muss in seinem Vorgehen und seinen Vorgaben so sorgsam und präzise arbeiten, damit es nicht zu weiteren Verzögerungen kommt und die Entlastungen für uns bald eintreten können.“
Darüber hinaus mahnte Kethorn beim Verteidigungsminister eine Gleichbehandlung mit Wittstock an: „Was für Wittstock gilt, muss auch für Nordhorn gelten“, folgerte Kethorn vor dem Hintergrund des Potsdamer Gerichtsurteils. Das Verwaltungsgericht hatte 2007 sein Urteil gegen die Wiederinbetriebnahme des einst von Warschauer-Pakt-Truppen genutzten Übungsareals unter anderem damit begründet, dass bei der Planung und Nutzung des Platzes die Interessen der betroffenen Gemeinden und Anwohner von der Bundeswehr nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Hier sieht Kethorn Parallelen zu Nordhorn-Range, wo 2001 bei der Übergabe des Platzes von der britischen Royal Airforce an die Luftwaffe die Anlieger und umliegenden Gemeinden an keinem förmlichen Verfahren beteiligt worden sind. Dieses förmliche Verfahren wird nun mit der beim Verwaltungsgericht Osnabrück eingereichten Gemeinschaftsklage der betroffenen Kommunen gegen die Bundesrepublik Deutschland eingefordert.
„Im Sinne der Gleichbehandlung fordere ich politisch dieses förmliche Verfahren – wie in Wittstock praktiziert – nachzuholen“, sagte Kethorn: „Angemessen wäre aber aus meiner Sicht, dass nicht erst durch ein Urteil die Bundesregierung gezwungen wird, sondern freiwillig das Versäumnis der Beteiligung von damals nachholt.“ Eine Sicht der Dinge und eine Forderung, die Jung nach den Worten des Landrats nicht teilen will. Dennoch gibt Kethorn das „sachliche und emotionsfreie Gespräch“ Hoffnung auf weitere spürbare Entlastung für die Grafschafter Bürger. Konkret nennt der Landrat dabei das unbedingte Festhalten des Ministers am Schießplatz Wittstock, um eine gerechte Lastenverteilung zu gewährleisten – sowie die Zusage, die Flugzeiten auf der Range überprüfen zu lassen. Diese Initiative geht auf einen Vorschlag von Nordhorns Bürgermeister Meinhard Hüsemann an den Minister zurück. Wie Hüsemann gestern gegenüber den GN erklärte, würde sich mit einer Ausweitung der Flugpausen – zusätzlich zu den Sommerferien – auf die Oster- und/oder Herbstferien die Zahl der bis zu 800 Übungsflüge pro Jahr zwar nicht reduzieren; immerhin wäre jedoch mit weniger Lärm in den Erholungs- und Ferienzeiten zu rechnen. „Und davon“, so meint Hüsemann, „profitieren gleichermaßen die Bürger wie die Touristen, die in der Grafschaft ihren Urlaub verbringen.“