Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Jetzt erst recht: „Range muss weg“

Beitrag vom 10.07.2009

Bund gibt Wittstock auf – Region fordert Gleichbehandlung für die Grafschaft

Von Irene Schmidt - Nordhorn/Berlin. Noch vor einem Jahr hatte Verteidigungsminister Franz-Josef Jung während eines Besuches auf dem Luft-/Bodenschießplatz Nordhorn Range klar gesagt, dass die Bundeswehr auf die Range nicht verzichten könne und die Anlieger nur durch eine gerechte Lastenverteilung auf die Übungsplätze Nordhorn, Siegenburg und Wittstock entlastet werden könnten. In Wittstock (Brandenburg) wird seit 17 Jahren gegen die Wiederinbetriebnahme des so genannten „Bombodroms“ in der Kyritz-Ruppiner Heide erbitterter Widerstand geleistet. Mehrere Gerichtsurteile hatten die „Bombodrom“-Gegner in ihrer Auffassung unterstützt.

Zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin im März in drei Berufungsverfahren entschieden, dass die Bundeswehr das Areal weiterhin nicht nutzen dürfe. Dabei hatten die Richter auf gravierende Abwägungsfehler durch das Bundesverteidigungsministerium hingewiesen (die GN berichteten). Am kommenden Montag wäre die Widerspruchsfrist für das Bundesverteidigungsministerium gegen das Urteil ausgelaufen.

Gestern Mittag erklärte Jung in einer Pressekonferenz in Berlin, nach einer sorgfältigen Prüfung der Urteilsgründe werde die Bundeswehr „auf die Nutzung von Wittstock als Luft-/Bodenschießlatz verzichten, da nach so langer Zeit (...) eine Realisierung für nicht möglich erachtet wird“. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren werde nicht fortgeführt, auch wenn das Verteidigungsministerium damit keine inhaltliche Anerkennung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg verbinde. Jung warnte vor den (finanziellen) Auswirkungen dieser Entscheidung. So lange deutsche Soldaten mit Zustimmung des Bundestages in gefährliche Einsätze entsandt würden, habe auch die Verantwortung für deren angemessene Ausbildung Vorrang. Diese müsse nun in erheblichem Maße außerhalb Deutschlands durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang versprach Jung wörtlich: „Insofern findet der Ausgleich auch zu bestehenden Übungsplätzen statt. Eine Erhöhung der Belastung bei den bisherigen Luft-/Bodenschießplätzen Siegenburg und Nordhorn wird ausgeschlossen.“

Die gestrige Mitteilung schlug in der Grafschaft Bentheim wie eine Bombe ein. Einerseits äußerten sich Politiker wie Verwaltungsspitzen enttäuscht über den Rückzieher des Verteidigungsministers, andererseits keimten Hoffnungen auf, dass nach Wittstock nun auch Nordhorn-Range geschlossen werden müsse. In der Grafschaft Bentheim und im Emsland sind noch viel mehr Menschen vom militärischen Übungsbetrieb betroffen als in Wittstock, und auch hier ist der Tourismus eines der wichtigsten Standbeine der heimischen Wirtschaft. Gleichzeitig beunruhigen die Pläne in den benachbarten Niederlanden, den Flughafen Twente für den zivilen Luftverkehr zu reaktivieren und auszubauen die Region. Nordhorns Bürgermeister Meinhard Hüsemann kündigte an, dass in Abstimmung mit dem Landkreis „alle rechtlichen Möglichkeiten, die es nur gibt“ ausgeschöpft würden, diese Pläne zu verhindern.

Von der Entscheidung des Verteidigungsministeriums, auf einen Übungsplatz in Wittstock zu verzichten, zeigte sich Hüsemann „enttäuscht und wütend“. Sowohl Verteidigungsminister Jung (CDU) als auch sein Vorgänger Peter Struck (SPD) hätten Entlastung für Nordhorn-Range durch die Aufnahme des Übungsbetriebes in Wittstock versprochen. Für ihn habe sich gestern gezeigt, „dass ein Ministerwort überhaupt keine Bedeutung hat“, erklärte Hüsemann gegenüber den GN. Er setzte fort: „Herr Jung ist uns eine Erklärung schuldig. Es hat für mich den Anschein, dass er sich nicht gegenüber der Bundeskanzlerin durchsetzen konnte.“ Nach dem Aus für das „Bombodrom“ fordere Nordhorn im Gegenzug die Schließung von Nordhorn Range.

Diese Einstellung machte Hüsemann gestern Abend auch in einem Gespräch mit dem Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Thomas Kossendey, deutlich, dem er auch gleich die neue Twente-Problematik schilderte. Kossendey habe Verständnis gezeigt, so Hüsemann abschließend, und zugesagt, er werde den Minister informieren.